Start des Projektes "PROGRESS"
Im Projekt PROGRESS werden kurative Maßnahmen zur Entlastung in Höchst- und Hochspannungsnetzen (HöS / HS) erprobt. Kurative Maßnahmen entsprechen hierbei einer reaktiven Anpassung von Aktoren im Netz zur gezielten Beeinflussung von Spannungen und Strömen nach dem tatsächlichen Eintritt eines Fehlers. Das bestehende Netz kann somit höher und effizienter ausgelastet und der Anteil präventiver Engpassmanagementmaßnahmen reduziert werden. Ein Einsatz kurativ entlastend wirkender Maßnahmen mittels Systemautomatiken erfordert eine umfassende Analyse und Erweiterung der bestehenden Systemarchitektur auf Netzleitebene, Stationsleitebene und im Feld. Zudem ist die Verknüpfung der Netzbetriebsführung mit betriebsplanerischen Prozessen sowie die Koordination zwischen Übertragungs- und Verteilnetzbetreibern zu beachten. Der Forschungsbedarf ergibt sich aus den Anforderungen an einen sicheren, effizienten und netzbetreiberübergreifenden Einsatz kurativer Maßnahmen. In diesem Projekt werden daher relevante soft- und hardware-technischen Komponenten der elektrischen Energieübertragung und -verteilung in HöS- und HS-Ebene analysiert, entsprechende Funktionsmuster zur Umsetzung kurativer Maßnahmen entwickelt und vor dem Hintergrund der netzbetreiberübergreifenden Koordination in prototypische Anwendungen überführt. Unter Beteiligung eines Leitsystemherstellers, Übertragungs- und Verteilnetzbetreibern sowie akademischen Partnern wird die Umsetzung kurativer Maßnahmen innerhalb von Feldtestvorhaben in realen Leitsystemumgebungen erprobt. Zusätzlich erfolgt eine analytische Begleitung dieser praxisnahen Erprobung. Neben der kommunikationstechnischen Realisierung von Signalketten, der Berücksichtigung von stationären und dynamischen Netzsicherheitsrechnungen, der Adressierung neuer Verfahren zur Netzzustandserfassung sowie Grenzwertbestimmung im online Betrieb wird die Koordination zwischen ÜNB/ÜNB und ÜNB/VNB fokussiert.
Der Lehrstuhl LENA der OVGU befasst sich speziell mit der Auswertung von Daten moderner Phasor Measurement Units (PMU). Diese Daten sind im Gegensatz zu den bisherigen Messwerten über Satteliten-Anbindung zeitsynchron und ermöglichen eine zusätzliche Messung des Spannungswinkels im elektrischen Netz. Weiterhin werden Messwerte in einer sehr hohen Auflösung ermöglicht, was dynamische Vorgänge im Netz messbar macht und dadurch einen kurzfristigen Abruf kurativer Maßnahmen mit Hilfe einer dynamischen Netzuzustandserfassung ermöglicht.
Ein zu entwickelndes Tool für die Auswertung von PMU Daten soll außerdem in Zusammenarbeit mit der Firma PSI (Leitwartenhersteller) direkt in das Leitwartensystem des Lehrstuhls implementiert und validiert werden. Eine abschließende Anwendung bei einem Feldtest soll das Tool auf eine realistische Anwendbarkeit validieren.